Besserer Schutz, neue Beratungen – Bedrohungen und Angriffe: Sachsen will Hilfen für Lokalpolitiker ausbauen

Politiker und öffentliche Amtsträger sind in Sachsen wiederholt zur Zielscheibe von Beleidigungen, Bedrohungen und Angriffen geworden. Jetzt reagiert der Freistaat: Der Schutz und die Hilfen sollen verbessert werden – insbesondere in den Kommunen.

Angesichts einer hohen Zahl von Angriffen soll der Schutz von Politikern und öffentlichen Amtsträgern in Sachsen verstärkt werden. Das betrifft insbesondere die kommunale Ebene, aber auch die Kandidatinnen und Kandidaten für die Landtagswahl im nächsten Jahr.

„Künftig sollen Betroffene stärker als bislang für einen erleichterten Zugang zu Unterstützungsangeboten sensibilisiert werden“, erklärt das Innenministerium gegenüber der LVZ. Einschüchterungsversuchen solle „konsequent begegnet“ und der politische Wettstreit „vor Gewalt geschützt“ werden. Das Haus von Ressortchef Armin Schuster (CDU) konstatiert insgesamt einen „verschärften gesellschaftlichen Diskurs“. Deshalb seien auch mehr Hilfsangebote notwendig.

Im vergangenen Jahr 469 Angriffe auf Politiker und Amtsträger

Eine Auswertung des Innenministeriums, die auf eine Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (Linke) zurückgeht, belegt eine Vielzahl solcher Straftaten. Demnach waren im Jahr 2021 insgesamt 518 Fälle registriert worden, 2022 sind es 469 gewesen. Besonders häufig wurden Inhaber von öffentlichen Ämtern – etwa in kommunalen Verwaltungen – attackiert: Sie waren im vergangenen Jahr 237 Mal das Ziel von Beleidigungen, Bedrohungen, Verleumdungen und Übergriffen (2021: 233).

Zudem wurden im Jahr 2022 insgesamt 142 Straftaten gegen Politikerinnen und Politiker angezeigt (2021: 178) und 43 Mal Abgeordnete angegriffen (2021: 61). Betroffen sind vor allem die AfD und die CDU, gefolgt von Mitgliedern der SPD, Grünen, Linken und FDP. Nahezu jede Woche kommt es auch zu Anschlägen auf Parteibüros (2022: 47/2021: 46). Dabei stehen insbesondere die AfD und die Linke im Fokus.

Linke-Innenpolitikerin Köditz fordert wirksamere Hilfen

Neben dieser Kriminalitätsstatistik sei von einem hohen Dunkelfeld auszugehen, macht das Ministerium klar: „Es ist wichtig, dass in jedem Fall eine Anzeige bei der Polizei erstattet wird.“ Eine Befragung von bundesweit rund 2500 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern hatte im Jahr 2020 ergeben, das fast zwei Drittel von ihnen bereits bedroht oder beleidigt wurden. Auch deshalb hält die Linke-Innenpolitikerin Köditz, die schon mehrfach selbst attackiert wurde, ein genaueres Lagebild für zwingend nötig, um wirksamere Hilfskonzepte zu erarbeiten.

„Eine wesentliche Ursache ist für mich eine Verwilderung der politischen Sitten, die ihren Ursprung nicht zuletzt bei der AfD im Bundestag und in den Landtagen hat. Sie macht das Parlament zur Krawallbude“, kommentiert Köditz die hohe Zahl der Angriffe. Einen weiteren Grund sieht sie in den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen: „Hier sind Gesetzesverstöße kaum geahndet worden. Dadurch konnte ein Klima entstehen, in dem sich die Akteure faktisch als über dem Recht stehend sahen.“

Mehr geschulte Ansprechpartner in den Polizeirevieren

Das Schuster-Ressort will den Betroffenen nun eine schnellere und bessere Hilfe zukommen lassen – und gleichzeitig die Prävention deutlich ausbauen. „Dabei soll es nicht nur um polizeiliche Maßnahmen gehen, sondern gerade um die bedarfsorientierte Vermittlung von Beratungs- und Informationsangeboten“, erklärt das Innenministerium. Derzeit würden verschiedene Maßnahmen und Formate entwickelt, „die die Verantwortungsträger zur Vorbeugung und Bewältigung von Angriffen befähigen“.

Dazu gehören unter anderem Handlungstrainings, Deeskalationsstrategien, Vorträge oder Webinare zum Umgang mit derartigen Fällen. Zudem sollen Betroffene durch Beratungsangebote unterstützt, spezielle Anlaufstellen installiert und in den Polizeirevieren entsprechende Ansprechpartner geschult werden. Darüber hinaus gibt es über das Abgeordnetengesetz bereits die Möglichkeit, den technischen Schutz auszubauen: Bislang haben zwei Landtagsmitglieder Zuschüsse von insgesamt knapp 17.000 Euro für Sicherheitstechnik in ihren Büros erhalten.